Abenteuer Landpartie – mit tunesischen Verkehrsmitteln nach Cap Bon


Außer auf Djerba habe ich auch in Nabeul gearbeitet und hatte sogar zweimal die Möglichkeit ein wenig in die arabische Kultur einzutauchen, interessante Gespräche zu führen und ganz viel Neues zu lernen.

Wenn man in einem Ferienclub arbeitet, hat man in der Regel nur einen freien Tag pro Woche  und den gilt es zu nutzen!

So entschieden Jenny, die Praktikantin für einen Sommer, und ich, gemeinsam auf Tour zu gehen. Nach Karthago wollte sie nicht – sind doch nur haufenweise Steine zu sehen. Und das mir als verhinderte Archäologin! Naja – stimmt schon. Ich dachte mir, nach Karthago komme ich bestimmt auch noch ein anderes Mal und aufgrund der warmen Temperaturen war es sicher gescheiter, Richtung Meer zu fahren, als in der Gluthitze durch ein museales Ruinenfeld zu wandern.

Wir wollten nach Cap Bon – den nördlichsten Zipfel von Tunesien. Dort sollte es sehr schön sein und auch die Punischen Steinbrüche, die u.a. das Material für viele berühmte Bauten der Antike geliefert haben, waren eine Reise sicher Wert.

Soweit schon  mal gut, blieb nur noch die Frage nach dem Beförderungsmittel. Es gibt am Ort eine Bimmelbahn, aber irgendwie hatten wir keine Lust auf heiße Zugabteile mit gackernden Hühnern und fröhlichen Touristen. Die Frau des Clubchefs meinte, wir sollten doch ganz einfach eine Louage nehmen, die wäre preiswert und wir kämen schnell ans Ziel.

Wir sind beide noch nie mit so einem Kleinbus unterwegs gewesen und das roch förmlich nach einem Abenteuer – und etwas mulmig war uns schon. Gesagt, getan – ab nach Nabeul zum Bahnhof. Dort starten auch die Louages in die verschiedensten Richtungen.

Echt lustig – auf einem Platz standen etliche Kleinbusse, am Eingang des Carrés saß ein alter Mann und fragte uns auf arabisch nach unserem Reiseziel. Gut, den Ort zu nennen, war noch kein Problem. Zunächst wollten wir nach Kelibia. Dort sollte es eine interessante Burg geben. Mit viel Palaver suchte der Opa lautstark nach dem passenden Gefährt und letztendlich landeten wir im (hoffentlich) richtigen Bus: Platz für ca. 8 Personen, hinter dem Schaltknüppel eine Holzkiste, die mit einem Vorhängeschloss versehen war. Später erkannten wir: das ist die Kasse – tja, man kann nie vorsichtig genug sein. Wir zahlten unserem Obolus, der beschämend gering war – 8 Dinar (knapp 4€) für eine Stunde Fahrt, so genau weiß ich das gar nicht mehr.

In der Louage Foto (c) C.Kerlikowski

In der Louage Foto (c) C.Kerlikowski

Mit den Abfahrtszeiten muss man es nicht so genau nehmen. Irgendwann geht es los. Dasselbe trifft auch für Haltestellen auf der Strecke zu, man muss schon sichtbar dort stehen und warten und hoffen, dass noch mal eine Louage vorbeikommt. Taxis gibts aber auch genug, also kommt man immer irgendwie weiter.

So zuckelten wir gen Kelibia. Es ist schön, dabei die Gegend anzuschauen, obwohl wir zwei europäischen Frauen doch etwas beäugt wurden – Exoten in der arabischen Welt. Das machen nicht viele, aber man sollte es mal probieren. Wie in einem „richtigen“ öffentlichen Verkehrsmittel gab es unterwegs ein Kommen und Gehen. Meist waren es junge Männer mit Laptops (jaja, auch in Nordafrika ist man sich der Vorzüge des Internets wohl bewusst) und Ehepaare auf Shopping-Tour.

In Kelibia angekommen, wurden wir zunächst von einem leichten Regenschauer überrascht. Trotzdem spazierten wir Richtung Hafen und besuchten als einzige Gäste um die Mittagszeit ein Restaurant auf einen kleinen Imbiss. Von dort aus trabten wir langsam und ganz entspannt Richtung Burg. Wie fast überall in der Nähe von Burgen ging es auch hier stramm bergauf, bis wir an einer Weggabelung ankamen. Genau an dieser Gabelung saß ein alter Mann, gemütlich eingerichtet mit Tisch und Stühlchen und fragte, ob wir die Festung sehen wollten oder ins Café möchten. Ein Café?? Hier ?? Ich hatte in meinem Reiseführer (Michael Müller Verlag) gelesen, dass es in der Nähe ein kleines Café mit dem schönsten Blick auf die Bucht geben soll… es wird doch wohl nicht…? Aber das konnte ich mir kaum vorstellen. Weit und breit waren weder ein Café noch ein Wegweiser zu sehen.

Also erst mal auf die Burg. Es ist ein imposantes Gebäude und von dort aus gibt es einen fantastischen Blick auf die Umgebung inklusive der Bucht mit türkisblauem Wasser. Hier einige Fotos:

Foto (c) C.Kerlikowski

Foto (c) C.Kerlikowski

Festung Kelibia Foto (c) C.Kerlikowski

Festung Kelibia Foto (c) C.Kerlikowski

Kelibia-3Festung Kelibia (c) C.Kerlikowski

Kelibia-3Festung Kelibia (c) C.Kerlikowski

Kelibia-3Festung Kelibia (c) C.Kerlikowski

(c) C.Kerlikowski

Foto (c) C.Kerlikowski

Foto (c) C.Kerlikowski

Blick von der Festung Foto (c) C:Kerlikowski

Blick zum Hafen Foto (c) C:Kerlikowski

Nachdem wir den Rundgang auf der Burg sehr genossen hatten, kam uns das Angebot des alten Herrn wieder in den Sinn. Man könnte ja doch mal gucken, ob er uns einen Thè Menthe oder einen frisch gepressten Orangensaft vermitteln kann.

Sichtlich erfreut über seine zwei Gäste führte er uns zielgerichtet durch die Hecken zu einem Haus, seinem Wohnhaus. Fast durchs Wohnzimmer, auf den Innenhof, die Treppe hoch und … bääämmm!!! Eine kleine Dachterrasse mit 3 oder 4 Tischen und dem wirklich schönsten Ausblick auf das Mittelmeer, den man sich vorstellen kann. Wir bestellten unsere Getränke und gaben uns mit allen Sinnen der unglaublichen Stille und Schönheit der Landschaft hin. Der Reiseführer hatte einen echten Insider-Tipp preisgegeben.

Die Dachterrasse Foro (c) C.Kerlikowski

Die Dachterrasse Foro (c) C.Kerlikowski

Die Aussicht Foto (c) C.Kerlikowski

Die Aussicht Foto (c) C.Kerlikowski

Irgendwann mussten wir uns loseisen, wenn wir noch nach Cap Bon weiter wollten. Schweren Herzens verließen wir das Café und trabten den Berg hinunter und mir grauste etwas vor dem Gedanken, wieder auf eine Louage warten zu müssen. Zum einen hatte ich keine Lust auf einen Fußmarsch, zum anderen wurde es langsam Nachmittag und irgendwo in der tunesischen Einöde hängenbleiben wollte ich auch nicht. Zielsicher marschierte Jenny los in (die gefühlte) richtige Richtung. Sie meinte, es würde sicher ein Taxi kommen, das uns mitnimmt. Na gut…

Es ist unglaublich, aber wir mussten wirklich nicht lange warten. Das Taxi hielt, wir kauderwelschten unser Ziel und der Fahrer nannte einen so geringen Preis, dass wir zweifelten,ob er unsere Angabe wirklich verstanden hatte. Sicher ist sicher, dachte ich mir und zeigte ihm den Ort in meinem Reiseführer. Der Fahrer nickte und kassierte von jedem 850 Millimes, also ca. 40 Cent und düste los.

Wenig später wurde uns klar, in was für ein Taxi wir gestiegen waren – in ein Sammeltaxi! Kein Problem: ein Pärchen stieg zu, das wenigstens englisch konnte – so erklärte uns der Fahrer, dass er nicht bis Cap Bon fahren würde, uns aber ein anderes Taxi vermitteln könne. Das tat er auch. Wir wurden umgeladen, das Pärchen entschwand mit dem Fahrer und wir stíegen zu einem älteren Ehepaar ins Taxi. Wieder 850 Millimes pro Person bezahlt und weiter ging es!

In El Haouria stieg das Ehepaar aus und der Fahrer bedeutete uns, dass wir am Ziel angekommen seien. Leicht irritiert berieten wir uns, denn es sah hier nun wirklich weder nach einer malerischen Küste noch nach den Punischen Steinbrüchen aus. Der Fahrer bekam das mit und fragte „La grotte“? Jaja, da wollten wir hin! Für ein paar Dinar würde  er uns hinbringen – also los! Unterwegs kamen mir Zweifel, ob wir auch wirklich zu annehmbarer Zeit zurück nach Nabeul kommen würden.

Ich wollte echt kein Risiko eingehen und war mir nicht sicher, ob wir in dieser Einöde eine Louage erwischen würden. Nach kurzer interner Diskussion fragten wir den Fahrer, ob er uns auch zurück nach Nabeul fahren würde. Mit dem Preis von 60 Dinar (ca. 27€) waren beide Seiten glücklich. Wahrscheinlich konnte seine Familie von dem Geld ein oder zwei Wochen ernähren..

Wir hatten den nettesten Reiseführer, den man sich denken kann: er half uns über Holpersteine, nannte die Namen der umliegenden Inseln und verhandelte mit dem Wärter vor Ort, ob es nicht doch eine Möglichkeit gäbe, die Steinbrüche zu besuchen. Leider erfolglos wegen Einsturzgefahr, aber egal, er tat sein Bestes. Wir fotografierten und staunten, er saß ruhig auf einem Stein, rauchte eine Zigarette und wartete geduldig bis wir genug hatten von so viel Schönheit.

Ja, das ist es, was einem Land und Leute näher bringt und außerdem immer wieder klar macht, dass wir Menschen überall auf der Welt mit dem gleichen Wasser kochen… Ich mag das. Sicher gehe ich keine umkalkulierbaren Risiken ein, aber für mich gehört es einfach dazu, sich auf solche kleinen Abenteuer einzulassen. Da hat man als Oma im Schaukelstuhl den Enkeln doch was zu erzählen!

Hier nun einige Impressionen vom Cap Bon:

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Cap Bon Foto (c) C.Kerlikowski

Foto (c) C.Kerlikowski

Ein malerischer Ort, vergessen von der Welt – und vielleicht ist das auch gut so?

Nach einer Stunde waren wir müde vom Schauen und vom Herumlaufen. Unser Fahrer lud uns in sein Taxi und startete Richtung Nabeul. Irgendwann unterwegs hielt er am Straßenrand und stieg aus. Was jetzt?? Wahrscheinlich wollte er uns für den gezahlten Preis keine zusteigenden Fahrgäste zumuten. So wickelte er kurzerhand einen Lappen um das Taxi-Schild auf dem Dach und fuhrt weiter. So unkompliziert ist das manchmal.

Die Fahrt dauerte ziemlich lange. Auf der Hinfahrt war uns das gar nicht so bewusst. Wir genossen sie und waren froh, nicht in einer Louage zu sitzen. Jenny meinte nur: „Je länger die Fahrt dauert, desto mehr hab ich ein schlechtes Gewissen, was den Preis betrifft.“ Stimmt, aber ich glaube, unser Fahrer hatte Spaß an dieser außergewöhnlichen Fahrt, auch wenn die Kommunikation aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse auf beiden Seiten etwas dürftig war. Doch wie man sieht, es geht trotzdem…

(Aufenthalt 2012)

 

 

 

 

 

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